Befristung von Arbeitsverträgen mit Ärzten in der Weiterbildung

Rechtsanwalt Dr. Bernhard Debong

In der Vorstellung des Gesetzgebers ist der unbefristete Arbeitsvertrag der Regelfall und der befristete der nur mit Einschränkungen zulässige Ausnahmefall. Da bei einem wirksam befristeten Arbeitsvertrag das Arbeitsverhältnis mit Fristablauf endet, ohne dass Beendigungsgründe geprüft werden, könnte mit der Befristung Kündigungsschutz umgangen werden. Vor diesem Hintergrund gilt: Ohne einen gesetzlich anerkannten Sachgrund ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages nur bis zur Dauer von 2 Jahren und zudem nur zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber zuvor noch kein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat (§ 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz).

§ 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz enthält eine Aufzählung zulässiger Befristungsgründe. Dazu gehören beispielsweise die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern, die Beschäftigung zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers, aber auch die Befristung im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs. Ein die Befristung eines Arbeitsvertrages mit einem Arzt/einer Ärztin rechtfertigender sachlicher Grund liegt auch vor, wenn die Beschäftigung des Arztes/der Ärztin seiner/ihrer zeitlich und inhaltlich strukturierten Weiterbildung zum Facharzt oder dem Erwerb einer Anerkennung für einen Schwerpunkt oder dem Erwerb einer Zusatzbezeichnung, eines Fachkundenachweises oder einer Bescheinigung über eine fakultative Weiterbildung dient (§ 1 Abs. 1 Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung –ÄArbVtrG). Seit 01.09.2020 gilt dieses Gesetz auch für die Befristung von Arbeitsverträgen mit approbierten Psychotherapeuten zum Zweck der Weiterbildung (§ 1 Abs. 7 ÄArbVtrG).

Beschäftigung zur Weiterbildung als Befristungsgrund

Das Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung eröffnet zu Weiterbildungszwecken eine Befristungsmöglichkeit, will damit also den Abschluss befristeter Arbeitsverträge mit Ärzten oder Psychotherapeuten in der Weiterbildung erleichtern.

Ist der Weiterbildungszweck nur vorgeschoben, greift die Befristungsmöglichkeit nach dem ÄArbVtrG nicht. Für die Wirksamkeit der Befristung kommt es aber nicht auf die tatsächlich erfolgte Beschäftigung während der Vertragslaufzeit an (so ausdrücklich Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.06.2017 – 7 AZR 597/15 –). Ein Arzt in der Weiterbildung kann also die Befristung seines Arbeitsvertrages nicht wirksam mit dem Argument anfechten, er sei nicht in der gebotenen Weise inhaltlich strukturiert weitergebildet worden. Für die Wirksamkeit der Befristung kommt es lediglich auf die zum Zeitpunkt des Abschlusses des befristeten Arbeitsvertrages insoweit bestehenden Planungen und Prognosen an. Diese Planungen und Prognosen im Hinblick auf Weiterbildungsziel und darauf, welche erforderlichen Weiterbildungsinhalte auf welche Weise in welchem zeitlichen Rahmen vermittelt werden sollten, muss der Arbeitgeber bei einem Streit über die Wirksamkeit der Befristung dem Arbeitsgericht darlegen. Er muss aber weder einen im Detail ausgearbeiteten schriftlichen Weiterbildungsplan erstellen noch einen solchen in den Arbeitsvertrag aufnehmen (so BAG a.a.O.).

Schriftformerfordernis

Die Befristung eines Arbeitsvertrages nach dem Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung bedarf wie jede Befristungsabrede in Arbeitsverträgen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform (§ 14 Abs. 4 TzBfG). Mündliche Befristungsabreden sind ebenso unwirksam wie Befristungsabreden in bloßer Textform wie z.B. im Austausch per E-Mail oder Telefax. Die Unwirksamkeit führt dazu, dass der befristete Arbeitsvertrag als unbefristet gilt (§ 16 S. 1 TzBfG). Die Unwirksamkeit der Befristung muss jedoch rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht werden (siehe dazu unten).

Zulässige Befristungsdauer

Es gibt sowohl eine Mindest- als auch eine Höchstbefristungsdauer.

Nach § 1 Abs. 3 S. 5 ÄArbVtrG darf die Befristung den Zeitraum nicht unterschreiten, für den der weiterbildende Arzt die Weiterbildungsbefugnis besitzt. Das ist nur anders, wenn bei Vertragsschluss absehbar ist, dass die Weiterbildung innerhalb der in Aussicht genommenen Vertragslaufzeit beendet werden kann. Hat also ein Arzt in der Weiterbildung zum Facharzt bereits an einer anderen Weiterbildungsstätte Weiterbildungszeiten absolviert und braucht er bis zum Erreichen des Weiterbildungsziels beispielsweise noch 2 Jahre, kann mit diesem Arzt ein auf die Dauer von 2 Jahren befristeter Arbeitsvertrag wirksam auch dann geschlossen werden, wenn der weiterbildende Arzt eine Weiterbildungsbefugnis für die anrechnungsfähige Dauer von mehr als 2 Jahren hat.

Die zulässige Höchstdauer für die Weiterbildung zum Erwerb einer Facharztbezeichnung beträgt nach § 1 Abs. 3 Satz 1 ÄArbVtrG acht Jahre. Zum Zweck des Erwerbs einer Anerkennung für einen Schwerpunkt oder die an die Weiterbildung zum Facharzt anschließenden Erwerbs einer Zusatzbezeichnung, eines Fachkundenachweises oder einer Bescheinigung über eine fakultative Weiterbildung kann ein weiterer befristeter Arbeitsvertrag für den Zeitraum, der für den Erwerb vorgeschrieben ist, vereinbart werden.

Die unzulässige Unterschreitung der Mindestbefristungsdauer führt ebenso wie die unzulässige Überschreitung der Höchstbefristungsdauer dazu, dass die Befristungsabrede unwirksam ist. Der Arbeitsvertrag gilt in diesem Fall als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 16 Satz 1 TzBfG).

Befristung bedeutet kalendermäßige Befristung. Das Fristende muss also entweder konkret mit Datum im Arbeitsvertrag angegeben sein oder sich zumindest nach dem Kalender bestimmen lassen. Die Abrede, wonach das Arbeitsverhältnis mit dem Erwerb der Qualifikation (Facharzt, Schwerpunkt, Zusatzbezeichnung usw.) endet, ist keine wirksame Befristung und führt zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis.

Kündigung des befristeten Arbeitsvertrages

Ein befristeter Arbeitsvertrag kann vor Ablauf der vereinbarten Frist nur dann ordentlich gekündigt werden, wenn dies im Arbeitsvertrag oder in einem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag vereinbart worden ist (§ 15 Abs. 4 TzBfG). Anderenfalls kann das befristete Arbeitsverhältnis vor Fristablauf nur außerordentlich aus wichtigem Grund im Sinne des § 626 BGB gekündigt werden.

Haben die Vertragsparteien keine vorzeitige ordentliche Kündigung vereinbart und ergibt sich diese Möglichkeit auch nicht aus einem anwendbaren Tarifvertrag, kann der Arbeitgeber im Falle der Unwirksamkeit der Befristung das Arbeitsverhältnis frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich kündigen. Ist die Befristung nur wegen des Mangels der Schriftform unwirksam, kann der Arbeitsvertrag auch vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden (§ 16 TzBfG).

Verhältnis zu anderen Befristungstatbeständen

Erfolgt die Einstellung eines Arztes oder einer Ärztin zur Weiterbildung, gilt vorrangig vor anderen Befristungsregeln das Gesetz über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung (§ 1 Abs. 5 ÄArbVtrG). Dieses Gesetz gilt jedoch nicht im Hochschulbereich, wenn der Arbeitsvertrag unter den Anwendungsbereich des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes fällt (§ 1 Abs. 6 ÄArbVtrG).

Rechtsschutzmöglichkeiten gegen unwirksame Befristungen

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass die Befristung seines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam ist, muss er spätestens innerhalb von 3 Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist (§ 17 Satz 1 TzBfG). In der Regel empfiehlt es sich jedoch, diese sog. Entfristungsklage bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu erheben, will der Arbeitnehmer sich durch ein frühzeitiges erstinstanzliches Urteil des Arbeitsgerichts möglichst die nahtlose Weiterbeschäftigung über das Fristende hinaus sichern.